Regime bestraft zivile Aktivisten wie FSA-Kämpfer, Spayer die Finger gebrochen – Gespräch mit Aktivisten aus Salamiyya – von Aktham

Article  •  Publié sur Souria Houria le 30 mars 2013

In der Kleinstadt Salamiyya im Governerat Hama leben mehrheitlich Ismailiten, wie die Alawiten eine schiitische Religionsgruppe. Bisher ging das Regime gegen die AktivistInnen in Salamiyya eher milde vor. Das hat sich in den letzten Wochen radikal geändert. Wurden die AktivistInnen bisher geschont, weil sie einer Minderheit angehören und das Regime sich als Schutzpatron der Minderheiten sehen möchte, wird ihnen nun Verrat vorgeworfen. Auf den letzten Demonstrationen wurden alle Teilnehmer verhaftet. Regimetreue Schabiha-Milizen und Sicherheitskräfte suchten Aktivisten zu Hause auf und nahmen sie mit. Die wenigen, die bisher zurück sind, sind auf’s Schrecklichste entstellt, einem Sprayer wurden alle Finger gebrochen. Adopt a Revolution sprach mit einem Aktivisten des von uns unterstützten Komitees über die Lage.

Hier die Übersetzung des Telefongesprächs:

“Ich bin immer noch drin (in Syrien). Wir haben krasse Schwierigkeiten mit dem Internet, auch über Satellit (Astra) haben wir momentan kein Netz, und wir sind leider auf das syrische Netz angewiesen. Echt furchtbar.

In letzter Zeit haben die Sicherheitskräfte des Regimes fast jeden, der an Demos beteiligt war, festgenommen.  Der Rest versteckt sich gerade. Sie haben erstmals nur zwei bekannte Oppositionellen (M. M. und N. Y.) freigelassen, damit sie die Botschaft des Regime übermitteln: Es werden ab heute absolut keine Demos mehr toleriert. Demonstrant werden bestraft wie FSA-Mitglieder, “weil euer Demonstrieren praktisch eine Einladung für die FSA zum Einmarschieren in die Stadt ist!”

.. die Sache ist folgendes: Das Regime hat Informationen, dass es in der Stadt und ihrem Umland versteckte „Schläfer Zellen“ gibt, aber sie wissen nicht, wie viele „Zellen“ und auch nicht, was diese anrichten können. Und deshalb, haben sie diese Razzia durchgeführt. Sie haben einige der Aktivisten nach vier Tagen wieder freigelassen. Die zwei bekannten Oppositionellen haben sie „gut behandelt“ – d. h. nicht gefoltert oder ähnliches. Nur diese beiden wurden so behandelt, alle anderen aber, haben sie schlimm zugerichtet. Und das natürlich vor den Augen der genannten zwei Aktivisten.

Obwohl alle Protestaktionen in Salamiyya friedlich waren, und es waren ausschließlich Zivilisten daran beteiligt, hat das Regime große Furcht davor, dass sich das Arraqq-Szenario in Al Salamiyya wiederholt. Arraqqa war relativ ruhig und friedlich, und auf einmal kamen Aktivisten und FSA-Kämpfer von überall her, und haben die Stadt befreit.

.. wichtig ist, dass ihre Botschaft, die sie den beiden mitgegeben haben, angekommen ist. Gestern haben sie einen der Jungs freigelassen; sein Gesicht war völlig entstellt. Die Jungs von den Demos und Sprayaktionen haben sie fast bis zu Tode gefoltert. Einem Aktivisten namens Tareq Addali, haben sie alle Finger gebrochenen, weil er ein bekannter Sprayer ist. Die anderen, wie gesagt, wären beinahe gestorben!
So krass haben sie die Jungs gefoltert, als wären sie tatsächlich FSA-Kämpfer.
Ich muss sagen, die Botschaft ist angekommen!

Die Aktivisten, die davon verschont blieben, verstecken sich, und viele von ihnen wollen sich der FSA anschließen.

..
Da war auch die Aktivistin Frau Rudainah. Sie wurde am 12. des Monats festgenommen; sie haben ihr Haus gestürmt. In diesem Haus haben wir viele Treffen abgehalten, denn wir planten eine große Aktion zum zweiten Jahrestag der Revolution.

Sie haben da 21 Revolutionsflaggen, 2 Laptops und einen Drucker, hunderte Flyer und Broschüren, alle Transparente und auch alle Spraydosen (zwei Kisten waren das) mitgenommen. Und jetzt verfolgen sie die übrigen Damen, die die Flaggen genäht haben, und auch die Kalligrafen, die unsere Transparent und Plakate beschriften. Eigentlich suchen sie jeden, der damit etwas zu tun hatte.

Auch die Freundin und Kollegin von Frau Rudainah haben sie inhaftiert; Frau Um Sabri Darwiesch. Frau Darwiesch war eine derjenigen, die vor dem Innenministerium am 16. Februar in Damaskus demonstriert haben.

… Was uns hier in der Stadt anbelangt, wir bewegen uns als wären wir Geister, um bloß keine Aufmerksamkeit auf uns zu erwecken!  Wir versuchen unsere Freunde im Ismaeliten-Rat in der Stadt zu erreichen. Das Regime versucht den Rat zu schwächen, weil er eine wichtige Rolle gespielt hat, die sogenannten Volkskomitees (das sind vom Regime bewaffnete Zivilisten; Schabbiha also) im Zaun zu halten. Einige Mitglieder des Ismaeliten-Rates wurden bedroht; ein angesehenes Vorstandsmitglied haben sie inhaftiert und gefoltert, dann freigelassen. Er ist 65 Jahre alt. Somit wollten sie dem übrigen Vorstand auch eine Botschaft schicken: Haltet euch da raus!

Übrigens, als sie die Aktivisten verhört haben, wurde eine Frage ständig gestellt: Warum sind die Ismaeliten, oder die Mehrheit von ihnen, gegen das Regime? Obwohl die anderen Minderheiten entweder pro-Regime oder wenigstens neutral sind!

Tja, das nervt sie richtig! Sie sagen: Das Komitee in Mesyaf ist komplett ismaelitisch, und die meisten Aktivisten im Komitee von Salamiyya sind auch ismaelitisch.

Gestern haben wir uns getroffen. Viele Jungs überlegen, die Stadt zu verlassen, um sich der FSA anzuschließen. Sie wollen bei der Befreiung der Stadt dabei sein! Hier in der Stadt ist es für uns sehr gefährlich geworden. Um die 400 bewaffnete Schabbiha der Volkskomitees kontrollieren alle Straßen und Gassen. Wie gesagt, wir  versuchen wie die Geister zu sein!

Alle werden gesucht. Ich werde seit Anderthalbjahren gesucht. Vor der Revolution saß ich 2 Jahre, 2 Monate und 5 Tage in Haft. Meine Anklage lautete: „Beeinträchtigung der nationalen Einheit“. Was auch immer das heißen soll!

Ich glaube, dass das, was das Regime macht, nur dazu beiträgt, die Befreiung der Stadt zu beschleunigen! Ich habe gestern mit Leuten gesprochen, die absolut  gegen Bewaffnung waren. Jetzt wollen sie, dass die FSA die Stadt befreit!”

source : https://www.adoptrevolution.org/regime-bestraft-zivile-aktivisten-wie-fsa-kampfer-spayer-die-finger-gebrochen-gesprach-mit-aktivisten-aus-salamiyya/

date : 28/03/2013