Wenn Pressefreiheit als Terrorismus gilt – Der Fall des SMC: Mazen Darwish, Hussein Ghrer & Hani al-Zeytani

Article  •  Publié sur Souria Houria le 1 août 2014

Der syrische Jurist und Journalist Mazen Darwish ist seit Februar 2012 inhaftiert.

Bereits vor der Syrischen Revolution existierte in Syrien das “Syrische Zentrum für Medien und Meinungsfreiheit” (SMC), das auch von der UN als Partner gelistet wurde. Gegründet wurde das Zentrum einst vom Juristen und Journalisten Mazen Darwish. Bereits vor der Syrischen Revolution war er aufgrund seiner Arbeit für die Presse- und Meinungsfreiheit in Syrien vom Regime gegängelt worden.

Am 16. Februar 2012 stürmten Regierungskräfte das Damaszener Büro des SMC und nahmen alle dort Anwesenden fest, darunter auch Mazen Darwish sowie seine Kollegen Hussein Ghrerund Hani al-Zeytani. In den folgenden Monaten wurde der Großteil der Festgenommenen unter Auflagen freigelassen; jedoch bleiben Darwish, Ghrer und al-Zeytani bis zum heutigen Tag – mehr als zweieinhalb Jahre nach ihrer Festnahme! – inhaftiert. Offiziell sind die drei Inhaftierten des SMC vor dem Terrorismusgericht in Damaskus angeklagt. Diese Tatsache zeigt mehr als deutlich, wie sehr das syrische Regime friedliche AktivistInnen fürchtet. Kann es ein größeres Signal geben über den Unwillen des Regimes, alternative Stimmen zuzulassen, als die Tatsache, dass JuristInnen und JournalistInnen als Terroristen angeklagt sind?

Der ebenfalls inhaftierte Blogger Hussein Ghrer anno 2011. Das Bild stammt von der Adopt a Revolution-Aktivistin Hannah Weh.

Der Prozess gegen Darwish, Ghrer und al-Zeytani zieht sich bereits seit mehr als einem Jahr hin. Bislang ist an sich nicht mehr geschehen, als dass das Gericht bei jeder neu angesetzten Verhandlung den Prozess aus irgendwelchen fadenscheinigen Gründen verschoben hat, in der Regel um mindestens einen Monat. Eine der Adopt a Revolution-AktivistInnen, Hannah Wettig, hat bereits im Mai 2013 über die drohende langjährige Haftstrafe für Hussein Ghrer berichtet. Wettig hatte Ghrer zu Beginn der Syrischen Revolution persönlich kennengelernt und vergeblich versucht, bei der Beschaffung eines Visums für Deutschland zu helfen.

Die drei Inhaftierten Darwish, Ghrer und al-Zeytani. Quelle:

Der letzte anberaumte Verhandlungstermin fand am 21. Juli 2014 vor dem Terrorismusgericht in Damaskus statt – das die nächste Verhandlung auf den 24. September 2014 verschob (s. Stellungnahme des SMC auf Facebook, arabisch). Bereits am 30. Juni ereignete sich das gewohnte Spiel – die nächste Verhandlung wurde damals eben auf jenen 21. Juli anberaumt. Unten haben wir einen kurzen arabischen Bericht ins Deutsche übertragen, der die juristische Farce um das Schicksal von Mazen Darwish, Hussein Ghrer und Hani al-Zeytani verdeutlicht. Der Bericht erschien am 30. Juni 2014 auf der Website der Syrischen Journalisten-Vereinigung.

 Das syrische Regime untersagt die Freilassung der SMC-Journalisten

Das Terrorismusgericht in Damaskus hat es abgelehnt, das Amnestiegesetz auf die Mitarbeiter des “Syrischen Zentrums für Medien und Meinungsfreiheit” [SMC] anzuwenden. In dem Gesetzerlass Nr. 22 (erlassen am 10.06.2014) steht, dass alle Verbrechen, die vor dem 09.06.2014 begangen worden sind, unter die Amnestie fallen.

Das Gericht lehnte die folgenden Forderungen der Verteidigung ab:

  1. Die Akte des Falles zu schließen, da das Militärgericht am 11.09.2012 schon entschieden hatte, 8 Mitarbeiter des “Syrischen Zentrums für Medien und Meinungsfreiheit” in Untersuchungshaft zu nehmen, und eine betroffene Besucherin freigesprochen wurde.
  2. Es lehnte die Vorladung von Zeugen ab, was die Verteidigung in der vorherigen Sitzung beantragt hatte.

Das Gericht entschied sich in der heutigen Sitzung vom 30.06.2014, den Prozess auf den 21.07.2014 zu vertagen, damit die Verteidigung ihre Papiere und Akten vorlegen kann.

Dies geschah, obwohl die Verteidigung der Häftlinge des “Syrischen Zentrums für Medien und Meinungsfreiheit” beim Terrorismusgericht in Damaskus eine Eingabe gemacht hatte, da das Gericht sich geweigert hatte, den Fall unter das Amnestiegesetz zu fassen. Die Eingabe wurde beim Obersten Justizrat eingereicht, in Erwartung einer Entscheidung. Die Weigerung des Terrorismusgerichts, den Fall der SMC-Mitarbeiter unter die Amnestie zu fassen, bedeutet, dass die Häftlinge rechtswidrig festgehalten werden und das Gericht seine Macht missbraucht. Daran wird deutlich, dass das Gericht Tag für Tag die grundlegenden Prinzipien der Gerechtigkeit missachtet. Zu diesen Prinzipien gehört u.a. das Recht auf einen öffentlichen und fairen Prozess sowie dass der Angeklagte unschuldig ist, bis seine Schuld bewiesen wird.

Der Jurist, Journalist und Leiter des Zentrums, Mazen Darwish, sowie der Blogger Hussein Ghrer und der Universitätsprofessor Hani al-Zeitany sind seit dem 16.02.2012 verhaftet. Sie sind weiterhin Häftlinge im Zentralgefängnis von Damaskus, nachdem sie am 30.11.2012 an einen unbekannten Ort verschleppt und dort auf verschiedenste Arten gefoltert worden waren.

Zur Kontextualisierung: Das oben erwähnte Amnestiegesetz wurde aufgrund der Präsidentschaftswahlen in Syrien anberaumt, die am 10.06.2014 stattfanden. Das Gesetz sollte als “versöhnliche Geste” des Regimes gelten. Seit der Inhaftierung der oben genannten Aktivisten bestand stets Sorge um ihr Wohlergehen und Leben, da Todesfälle in syrischer Haft aufgrund der starken Folter in großer Regelmäßigkeit auftreten.

Adopt a Revolution fordert die sofortige Freilassung der friedlichen Aktivisten Mazen Darwish, Hussein Ghrer und Hani al-Zeytani. Ihre Inhaftierung ist klar politisch motiviert. Adopt a Revolution unterstützt weiterhin zivile Gruppen, die in Syrien für Presse- und Meinungsfreiheit streiten. Helfen Sie mit!

 

 

source : https://www.adoptrevolution.org/wenn-pressefreiheit-als-terrorismus-gilt-der-fall-des-smc/

date : 24/07/2014