Die Botschafter gehen, die Gräuel bleiben – par Bettina Vestring

Article  •  Publié sur Souria Houria le 5 juin 2012

In Kairo auf dem Tahrir-Platz gehen zwei Frauen an einem Plakat vorbei auf dem geschrieben steht: "Danke an die Ägypter für die Unterstützung der syrischen Menschen bei ihrem Aufstand gegen die Tyrannei". Foto: afp

(Les ambassadeurs partent, les horreurs restent)

Das Massaker in der syrischen Stadt Hula schockiert die Welt. In Berlin und Paris weisen die Regierungen die syrischen Botschafter aus. In Brüssel zählt die EU auf, wie viele Sanktionen sie schon verhängt hat. All das zeugt nur von tiefster Hilflosigkeit. Ein Kommentar.

BERLIN –  Die Ausweisung der syrischen Botschafter ist eine Geste der Hilflosigkeit. Dass Radwan Lutfi binnen drei Tagen Deutschland verlassen muss, dass Lamia Schakkur aus Paris ausgewiesen wird, zeigt nur, dass die Regierungen in Europa nicht weiter wissen. Monatelange Beratungen haben keinen wirksamen Weg ergeben, das Morden in Syrien zu stoppen. Nichts zu tun, ist angesichts des jüngsten Massakers in der Stadt Hula völlig unerträglich. Die Diplomatie hat versagt, also bricht man jetzt mit den Diplomaten.

Sanktionen hat es gegen Syrien schon viele gegeben – ein Sprecher von EU-Außenministerin Catherine Ashton berichtete von 16 Sanktionsrunden, die jederzeit noch ergänzt werden könnten. Einreiseverbote, ein Ölembargo, das Einfrieren von Vermögenswerten, Ausfuhrverbote für zahlreiche Güter – die Liste ist in der Tat lang. Nur, dass sie bislang noch keine Wirkung gezeigt hat.

Waffenlieferungen an Assads Gegner, die Freie Syrische Armee, lehnt die EU bisher ab. Sie will den Bürgerkrieg nicht noch anheizen, zumal sich auch unter den Gegnern Assads nicht nur Demokraten und Freiheitskämpfer befinden. Die USA haben dagegen schon mit der Lieferung von Ausrüstungsgütern wie zum Beispiel Funkgeräten begonnen. Und Saudi-Arabien versorgt die Aufständischen bereits mit Waffen.

Schon über 10.000 Tote

Doch bei der einen, entscheidenden Unmöglichkeit bleibt es: Eine Militärintervention will niemand, auch nicht die USA. Aus militärischen Gründen nicht, weil ein Krieg gegen Assads Armee eine ganz andere Dimension hätte als die Intervention in Libyen. Aus politischen Gründen nicht, weil ein Krieg in Syrien unabsehbare Folgen im gesamten Nahen Osten hätte. Und auch nicht aus rechtlichen Gründen, denn es ist ausgeschlossen, dass der UN-Sicherheitsrat jemals ein Mandat für eine solche Intervention erteilen würde.

Dass das so ist, haben die westlichen Regierungen zu verantworten, die im vergangenen Jahr das Libyen-Mandat der Vereinten Nationen äußerst großzügig auslegten. Der UN-Sicherheitsrat hatte die libysche Zivilbevölkerung vor der Armee des Machthabers Gaddafi schützen wollen. Frankreich und Großbritannien setzten sich dagegen zum Ziel, den Diktator zu besiegen und zu verjagen.

Russland und China fühlen sich hintergangen

Russland und China, die dem Mandat nur nach langem Zögern zugestimmt hatten, fühlten sich hintergangen. Noch einmal wollen sie diesen Fehler nicht machen, zumal Russland nicht, das in Assad einen seiner wichtigsten Verbündeten in dieser Region sieht, den es zuverlässig mit Waffen versorgt.

So flüchten sich die Regierungen der westlichen Welt in Symbolpolitik, sprechen mahnende Worte und drängen Russland zu einem härteren Vorgehen. Unterdessen zählen die Vereinten Nationen die Toten in Syrien: Über 10.000 sind es mittlerweile. Und kein Ende ist abzusehen.

Source : http://www.fr-online.de/die-arabische-welt-heute/syrien-im-buergerkrieg-die-botschafter-gehen–die-graeuel-bleiben,7151782,16134074.html